Deutschlands neue Rebsorten: Nachwuchs im Weinberg

Am 28. November 2023 · von Daniel Münster

Riesling-Hochburg hin, Spitzen-Spätburgunder her: Längst schon haben neue Rebsorten in deutschen Weinbergen Einzug gehalten. Grund für die Reben aus anderen Anbaugebieten, wie etwa Sauvignon Blanc, Chardonnay oder Merlot, und Neuzüchtungen wie den PIWI-Rebsorten sind nicht zuletzt die Auswirkungen des Klimawandels.

Über die Wertschätzung deutscher Weine besteht an dieser Stelle kein Zweifel. Nicht nur das Magazin huldigt den Weiß- und Rotweinen aus den 13 deutschen Anbaugebieten, auch der Shop von Weinfreunde.de zeigt, was wir vom Weinland Deutschland halten: ganz viel! Umso aufmerksamer richtet sich der Blick auf das, was sich in der Weinheimat so tut. Wie verhält es sich beispielsweise angesichts des Klimawandels mit den angestammten Rebsorten? Gibt es Neuzugänge im Rebsortenspiegel und wenn ja, welche?

Neue Rebsorten: Bordeaux lässt grüßen

Bordeaux

Rebsorten, die eigentlich typisch für das französische Bordeaux sind, findet man heutzutage auch in Deutschland

Bordeaux-Reben gibt es schon länger in Deutschland. Anfangs verstecken sie sich fast ein wenig in Cuvées. Im Miteinander mit heimischen Rebsorten liegt daher zunächst das Heil der gepflanzten Bordeaux-Reben wie Cabernet Sauvignon und Merlot, Cabernet Franc und Petit Verdot sowie Malbec. So finden sich die Franzosen in solchen Weinen wie dem „Black Print“ und dem „Ursprung“ von Markus Schneider oder auch den „Kreuz“-Weinen des VDP-Weinguts Rings aus der Pfalz. Blicken wir nach Rheinhessen, stoßen wir unweigerlich auf Christian Peth und seine „Assemblage Réserve“, die alle Sorten zu einer echten Bordeaux-Cuvée vereint. Wofür das rheinhessische Weingut allerdings auch steht, ist der reinsortige Ausbau der Rebsorten aus dem Bordeaux.

Das Aufkommen der Bordeaux-Reben ist ein greifbarer Effekt des Klimawandels. Die Sorten reifen mittlerweile auch in Deutschland perfekt aus und öffnen so die Tore zu einer neuen Rotweinwelt „made in Germany“. Allerdings in einem noch überschaubaren Rahmen. Stand 2022 nehmen die roten Bordeaux-Sorten keine zwei Prozent der Rebflächen ein. Bei den weißen Reben sind es vor allem Sauvignon Blanc und Chardonnay, die im Weinland Deutschland eine neue Heimat finden. Doch auch die weißen Rebsorten nehmen nur einen Anteil von nicht einmal fünf Prozent der Rebflächen ein. Allerdings zeigt der Trend zu den Bordeaux-Reben klar nach oben.

Klimawandel und Wein: im Schnitt trockener und heißer

Fürchten müssen wir uns nicht. Riesling und Spätburgunder, Silvaner und Lemberger sind nicht vom Aussterben bedroht, doch der Klimawandel fordert den Winzerinnen und Weinmachern einiges ab. Betrachten wir die Durchschnittswerte, werden die Temperaturen immer höher und die Niederschläge immer weniger. Ferner haben extremes Wetter wie Hagel und Starkregen, Dürre und Frost zugenommen. Insgesamt hat sich der Wachstumszyklus nach vorn geschoben und er ist kürzer geworden. Das meint, die Reben treiben früher aus, was sie für Spätfröste anfälliger macht. Die Reife ist früher abgeschlossen, die Weinlese findet bis zu zwei Wochen eher statt als noch vor zehn Jahren.

Klimawandel Wein Deutschland

Durch den Klimawandel wird es auch in den deutschen Weinreben immer trockener und die Arbeit muss daran angepasst werden

Bangten die Weinerzeuger in vorangegangenen Jahrzehnten noch um eine optimale Reife ihrer Trauben, sind sie heutzutage aufgefordert, die Entwicklung gut im Blick zu haben, um den optimalen Lesezeitpunkt nicht zu verpassen. In besonders sonnigen Lagen reagieren Winzerinnen und Winzer bereits mit einem veränderten Laubschnitt der Reben. Es geht darum, Schatten zu spenden und nicht mehr die Trauben komplett der Sonne auszusetzen. Die Belüftung der Weingärten gewinnt an Bedeutung, manchenorts wird sogar das Pflanzen von Bäumen in Erwägung gezogen, um auf das spürbare Sonnen-Plus zu reagieren.

Sorgenkinder: zu frühe Reife von Trauben

Der veränderte Wachstumszyklus bereitet beispielsweise dem Frühburgunder zunehmend Schwierigkeiten. Wie der Name schon sagt, zählt Frühburgunder zu den früh reifenden Rebsorten, was in vergangenen, kühleren Jahren eher ein Vorteil war. Doch mittlerweile wird er zu früh reif. So bilden sich die Zuckerwerte schneller aus als zuvor, während die Aromastoffe in den Beeren und vor allem die Kerne das Tempo nicht halten können. Damit gerät das Gleichgewicht durcheinander, und es drohen spürbar grüne Tannine im Wein bei weniger Fruchtaromen.

Vielleicht findet der Frühburgunder deshalb in Zukunft öfter den Weg in eine Cuvée – und das sogar mit einer Bordeaux-Rebe. Davon können wir uns jetzt schon eine genüssliche Vorstellung machen, zum Beispiel mit der „Drei Brüder Cuvée Noir“ vom VDP-Weingut Burggarten. Je 40 Prozent Frühburgunder und Spätburgunder komplettieren 20 Prozent Merlot.

Neuzüchtung PIWI: Pilzwiderstandsfähige Rebsorten

Neuzüchtungen von Reben sind eigentlich nichts Neues. Was ursprünglich die Natur durch Mutation und wilde Kreuzungen hervorbringt, hat der Mensch irgendwann selbst in die Hand genommen. Denken wir nur an den Müller-Thurgau/Rivaner (1882) und Scheurebe (1916), an den österreichischen Zweigelt (1922) und den südfranzösischen Marselan (1961). Ein Grund für die Züchtung neuer Rebsorten liegt darin, sie robuster zu machen gegenüber Krankheiten und Schädlingen sowie eine attraktive Aromatik der Trauben anzubieten.

Reblaus

PIWI-Rebsorten stellen einen Lösungsansatz für Klimawandel im Weinbau dar

Eine eigene Gruppe der Neuzüchtungen bieten die PIWI oder pilzwiderstandsfähigen Rebsorten. Ein etwas sperriger Name, der aber klar benennt, worum es geht. Gesunde Reben benötigen weniger Pflanzenschutzmittel und andere Eingriffe im Weinberg. Je nach Sorte kommen sie auch mit viel Hitze besser klar. Daher bieten sich die PIWI-Sorten als Reaktion auf den Klimawandel durchaus an. Es bedarf sicherlich noch etwas Zeit, bis wir uns an Namen wie Cabernet Blanc oder Calardis Blanc, Muscaris und Solaris auf dem Weißweinetikett gewöhnt haben. Bei den Rotweinen könnte man Rebsorten wie Cabernet Cortis, Monarch, Regent oder auch We 94-26-37 finden.

Aussichten: neue Reben im Weinberg

Weinbau ist eine Angelegenheit von langen Entwicklungen. Von heute auf morgen lässt sich ein Weinberg nicht neu bestocken und lange Jahre braucht es, bis die Reben die besten Traubenqualitäten liefern. Sehr sorgfältig bedenken die Erzeuger daher, auf welche Rebsorte sie setzen – umso mehr, wenn es sich um eine erstklassige Lage handelt. Unschwer zu prognostizieren, dass es daher noch Jahre dauern wird, bis die neuen Rebsorten deutlicher in Erscheinung treten. Doch der Anfang ist längst gemacht und die Entwicklung nicht mehr aufzuhalten. Also unbedingt beim nächsten Weineinkauf auch mal die „Neuen“ in den Blick nehmen.

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