Unter den besten Weinen der Welt: Cuvées

Am 15. Dezember 2017 · von Cédric Garraud


Wenn Cédric Garraud in schöner Regelmäßigkeit von einer Vermählung schwärmt, outet er sich nicht als Heiratsschwindler, sondern als großer Weinfreund von Weinen, die man als Cuvées bezeichnet. Auch wenn es um besondere Weine für die Festtage geht, gibt er ihnen sein Ja-Wort.

Die Zeit um Weihnachten und Silvester bietet genügend Anlässe, um besondere Weine zu genießen und damit die Momente mit der Familie und den Freunden noch kostbarer zu machen. Sie ist aber auch eine Zeit, in der man sich versöhnlicher zeigen, auf andere zugehen und Vorurteile hinter sich lassen sollte. Klingt etwas pathetisch, leitet aber zu einem persönlichen, weinfreundschaftlichen Anliegen über: die Auswahl der Weine für die Festtage.

Nur zu oft begegne ich leider der Ansicht, dass ein großer Wein auch immer ein Wein aus nur einer Rebsorte sei. Ein reinsortiger Wein sei edler, gar ehrlicher, höre ich im Schatten deutscher Riesling- und Spätburgunder-Kultur immer wieder im Brustton der Überzeugung, obwohl selbst ein vermeintlich reinsortiger Riesling bis zu 15% Verschnitt haben darf.  Wenn es nun um besondere Weine für die Festzeit geht, darf es an einer weinfreundschaftlichen Aufklärung zum Thema also nicht fehlen.

Vermählung oder Verschnitt: Was ist eine Cuvée?

Cuvées

Cuvées zählen zu den besten Weinen der Welt – schließlich ist jeder Bordeaux oder Châteauneuf-du-Pape eine Cuvée.

Lasst uns ein für alle Mal dem Irrglauben abschwören, eine Cuvée, also die Vermählung von Grundweinen verschiedener Rebsorten zu einem Wein, sei ein Verschnitt, ein ehrrühriges Vermischen oder gar Panschen. Ganz im Gegenteil, unter den Weinen mit dem international besten Ruf nehmen Cuvées einen prominenten Platz ein: Jeder Bordeaux ist eine Cuvée, jeder Châteauneuf-du-Pape ebenso und auch die vergleichsweise moderne Erscheinung eines „Supertoskaner“ wird aus verschiedenen Rebsorten kreiert.

Vielleicht liegt es an der missverständlichen Übersetzung des französischen Begriffes Cuvée als „Verschnitt“, was eher an Rest oder gar Abfall denken lässt, wenn man den weinbautechnischen Terminus nicht kennt. Die Franzosen verstehen darunter eine „Vermählung“, also das harmonische Zusammenführen von mehreren Weinen zu einem besseren. Von der Grundüberlegung eigentlich mehr als sinnvoll. Eine Rebsorte liefert eine besonders gute Aromatik, eine andere hat die bessere Säure und eine dritte sorgt für kräftige Struktur und eine satte Farbe. So ungefähr lautet der Ehevertrag, den im Bordeaux typischerweise Cabernet Sauvignon, Merlot und Petit Verdot am linken Ufer der Gironde für ihre Vermählung schließen. Und wer möchte bestreiten, dass dort Spitzenweine allerbester Güte entstehen?

Ehre, wem Ehre gebührt: Kellermeister und Master Blender

Cuvées

Cuvées finden sich auch in der Welt des Champagners, der sich aus bis zu fünf unterschiedlichen Rebsorten zusammensetzt.

Im Übrigen gibt es die Cuvée nicht nur in der „stillen Weinwelt“. Auch ein prickelnder Champagner ist gleichfalls eine Cuvée, die sich aus bis zu fünf unterschiedlichen Rebsorten zusammensetzt. Aber das Prinzip ist auch Spirituosenfreunden bekannt: Ein „Blended Scotch“ wird gleichfalls aus mehreren Whiskys vermählt. Und beim Cognac redet man von einer Assemblage, wenn man unterschiedliche Destillate zusammenführt.

Was den Stellenwert einer Cuvée oder eines Blends auch verdeutlicht, ist der große Respekt, den man jenen Personen entgegenbringt, welche die Komposition vornehmen, denn die Kenntnisse und sensorischen Fähigkeiten, die man benötigt, um es gut zu machen, erfordern jahrelange Erfahrung. Warum sollte man dem Kellermeister und seiner Cuvée diese Ehre vorenthalten?

Cuvée Casting: Vier Empfehlungen für die Festtage

Wie immer wenn es um Wein geht, gilt die Devise: Es gibt nichts Gutes, außer man trinkt es. Deshalb habe ich vier Kandidaten nominiert, die allesamt zeigen, wie eine Cuvée im flüssigen Original schmeckt, und zudem meine weinfreundschaftlichen Empfehlungen für die Festtage abgeben.

Für Traditionalisten: Château Réaut Côtes de Bordeaux 2014

Dieser Bordeaux kommt vom rechten Ufer der Gironde aus der Appellation Cadillac Côtes de Bordeaux. Dort hat das Château Réaut aus den Rebsorten Merlot (58 Prozent), Cabernet Sauvignon (37 Prozent) und Cabernet Franc (5 Prozent) diesen ebenso ausdrucksstarken wie eleganten Wein vermählt. Die typischen Aromen von Pflaume (Merlot) und Schwarzer Johannisbeere (Cabernet Sauvignon) eröffnen das Vergnügen. Der Wein reifte acht Monate im Barrique und acht Monate in Edelstahltanks. Seine Tanninstruktur ist also bereits sanfter geworden und die Fassreife steht auch für feinen Noten von Lakritz ein, die sich im Abgang zeigen.

Göttliche Fügung:  Les Audacieux Plan de Dieu 2015

Die Weine von der Côtes du Rhône haben gleichfalls eine typische Cuvée aufzuweisen. Das gilt für einen Châteauneuf-du-Pape, der sogar unterschiedliche Jahrgänge vermählen darf, aber auch alle anderen Côtes du Rhône sind Cuvées aus mindestens zwei Rebsorten.

So auch der Les Audacieux aus der Appellation Plan de Dieu, die zu den gesondert deklarierten Ortslagen ohne Namensangabe zählt, – jawohl so kompliziert heißt das – den Côtes du Rhône Villages. Mit Grenache, Mourvèdre und Syrah fügt der Les Audacieux die drei Paraderebsorten der Region zu einem charakterstarken und ausbalancierten Rotwein zusammen. Die reife Frucht des Grenache, die Würzigkeit und die Tannine des Syrahs erhalten durch den Mourvèdre ihre Säurestruktur und kräftige Farbe.

Plan de Dieu Les Audacieux Côtes du Rhône Villages 2023
Weinempfehlung
Tiefe, Eleganz und Harmonie
Plan de Dieu Les Audacieux Côtes du Rhône Villages 2023
Terroir Daronton Rhonea
RotweinGrenache, SyrahRhône

Supertoskaner mit Genussgarantie: Chianti Classico Riserva 2015

Die ersten „Supertoskaner“ waren für viele Weinfreunde ein Tabubruch. Nicht, weil sie eine Cuvée waren, sondern weil sie die typische Rebsorte der Region, den Sangiovese, beispielsweise mit den französischen Rebsorten Cabernet Sauvignon oder Merlot vermählten. Damit verloren die Weine Ihren Status als DOC-Weine, doch die Qualität sprach für sich und inzwischen gilt das inoffizielle Prädikat „Supertoskaner“ geradezu als Auszeichnung.

Der Chianti Classico Riserva 2015 von Marchesi Piero Antinori aus dem Anbaugebiet Chianti Classico ist genau so ein Vertreter. Die Cuvée aus Cabernet Sauvignon und Sangiovese ist eine absolute Genussgarantie: intensive Röstaromen sowie ein Hauch von Nelke zeigen sich, unterlegt mit Noten von schwarzen Beeren und Cassis. Bei dem vollen Körper verfügt der Trasgaia Toscana über genügend Säure und Trinkfluss.

Chianti Classico Riserva 2020
Weinempfehlung
Ein echter Chianti Classico
Chianti Classico Riserva 2020
Marchesi Piero Antinori
RotweinCabernet Sauvignon, SangioveseToskana

Krönender Abschluss: L’Enchanteresse Champagner Rosé Brut

Selbstverständlich muss es ein Champagner sein, mit dem ich mein Cuvée Casting zum Abschluss bringe. Zum einen gehört ein Champagner einfach zum guten Ton der Festtage, zum anderen verdeutlicht der König der Schaumweine eindrucksvoll, dass es einer Cuvée immer um die noch bessere Qualität geht.

Dieser Rosé Champagner verzaubert tatsächlich, wie es der Name „L’Enchanteresse“ – die Zauberin – verspricht. Aus den roten Rebsorten Pinot Meunier und Pinot Noir, die während der kurzen Maischezeit etwas Farbe abgeben und dem weißen Chardonnay komponiert, überrascht der L’Enchanteresse mit dem Duft von Johannisbeeren, Brioche und Jasmin. Die feine Perlage schenkt Frische und Harmonie.

Champagner L'Enchanteresse Rosé Brut
Weinempfehlung
Kräftiger Rosé Champagner
Champagner L'Enchanteresse Rosé Brut
Baron Albert
PrickelndesChardonnay, Pinot Meunier, Pinot NoirChampagne

Für mich heißt das Fazit des Cuvée Castings „Vier gewinnt“. Und selbst, wer meinen Empfehlungen nicht folgt, sollte jetzt wissen, dass Cuvées zu den besten Weinen der Welt zählen.

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