„Dann bring’ doch mal einen passenden Wein zum Essen mit, du kennst dich doch aus.“ Alle Jahre wieder hört unsere Weinfreundin Dominique diese Aufforderung aus dem Kreis der Lieben. Für alle, die ebenfalls die Freude haben, den richtigen Wein zum Festmahl mitzubringen, hat sie eine aromatische Anleitung in sechs Geschmäckern verfasst.
An Rezepten für das große Weihnachtsessen herrscht derzeit kein Mangel. Jede Zeitschrift, die etwas auf sich hält, jedes Magazin sowie die einschlägigen Online-Titel warten mit Anleitungen zu großer und kleiner Kochkunst auf. Gern gesellt sich zu dem Rezept auch gleich eine Weinempfehlung, die speziell auf das Essen abgestimmt ist.
Den meisten Empfehlungen zur Pärchenbildung kann man sicherlich geschmacksblind folgen, jedoch steht es jedem Weinfreund besser zu Gesichte, wenn er selbst den richtigen Wein zum Essen auszuwählen versteht. Und da man sich irgendwie in das Thema reinfinden muss, habe ich mal sechs Geschmacksfaktoren beschrieben, die das Zusammenspiel von Speise und Wein verdeutlichen. Diese Grundkenntnisse sind durch eigene Erfahrung zu erweitern, denn nur wenn man sie schmeckt, hat man sie auch verstanden. Deshalb gilt beim Zusammenspiel von Wein und Essen wie so oft: Probieren geht über Studieren!
Fett mag Tannine: Man gönnt sich ja sonst nichts
Schwere Braten, Steaks und großes Geflügel zählen zu den klassischen Weihnachtsgerichten. Da bleibt der Einsatz von Fett nicht aus – und das ist durchaus positiv gemeint. Denn Fett ist nicht nur ein Geschmacksverstärker, der den Appetit zusätzlich anregt. Es kleidet den Gaumen auch schützend aus, was sofort die Wahl des Weines berührt. So kommen zu solchen Speisen die etwas kräftigeren Roten auf den Tisch, die über reichlich Tannine verfügen. Hinterlässt der Gerbstoff sonst ein sehr trockenes Gefühl am Gaumen – weil er unsere Mundschleimhaut angreift – schiebt das Fett diesem Effekt einen Riegel vor. Vielmehr unterstützt das Fett die breite Schulter des Weines und macht ihn so zu einem Begleiter, der perfekt mithält.
Für einen leicht durchzuführenden „Selbstversuch“ eignet sich ein Stück guten Käses in Kombination mit einem gerbstoffreichen Weines. Dabei sollte der Käse nicht allzu intensiv sein, um dem Wein noch aromatische Luft zu lassen.
Meine Weinfreunde-Empfehlung:
Bullant Shiraz Langhorne Creek 2014
Salz und Frucht: Die unterschätzte Romanze
Salz und Frucht, das passt wider Erwarten ausgesprochen gut zusammen. Das Salz im Essen lässt die Frucht im Wein besser hervortreten und die Frucht im Wein hält die salzigen Noten der Speise im Zaume. Wenn man beides mit Fingerspitzengefühl zusammenbringt, weder zu viel Salz verwendet noch eine regelrechte Fruchtbombe ins Glas bringt, wird aus dieser Liaison eine echte Liebesbeziehung. Mein Tipp dazu: Ein Schaumwein geht mit dem Salzeindruck besonders spielerisch um und sorgt für eine wohltuende Frische.
Auch dieser Geschmackseindruck lässt sich nachvollziehen ohne direkt ein Menü zaubern zu müssen: Ein paar gute Scheiben Prosciutto, vielleicht gereicht mit etwas frischem Ciabatta, sorgen in Kombination mit dem von mir empfohlenen Schaumwein für eine lecker-lehrreiche Erfahrung.
Meine Weinfreunde-Empfehlung:
Alkohol verschärft: Wein als besänftigender Gegenpart
Manche mögen es scharf, jedoch ist bei Gerichten, die scharf gewürzt sind, etwas Vorsicht geboten. Zu solchem Essen sollte kein schwerer, alkoholreicher Wein gereicht werden, da der Alkohol den Schärfe-Eindruck verstärkt und somit nicht nur den Geschmack des Essens verzerrt, sondern den Gaumen geradezu lahmlegt.
Wer mit dem Wein gar der Schärfe entgegenwirken will, sollte nicht nur auf weniger Prozente Alkoholvolumen achten, sondern einen Wein mit etwas Restsüße in Betracht ziehen. Insbesondere zu Gerichten aus der asiatischen Küche passt beispielsweise eine Riesling Spätlese (Mein weiterführender Lese-Tipp zum Thema: Weiße Dessertweine) bestens. Hier kann mit einem Alkoholgehalt deutlich unter 10 Prozent im wahrsten Sinne des Wortes nichts anbrennen.
Säure: am besten in Essen und Wein
Säurenoten im Essen und die Säure im Wein sind weitere Kandidaten für eine verheißungsvolle Pärchenbildung. Allerdings gilt das Gebot: weder sollte der Wein deutlich säuregeprägter sein als das Essen noch umgekehrt. Hier geht es wie beim Zusammenspiel von Salz und Frucht wieder um Harmonie und nicht um Kontrast.
Ich beantworte mir diese Frage immer so: Kann ich mir zu dem Essen auch einen Spritzer Zitrone vorstellen, dann kann es auch ein Wein mit profilierter Säure sein. Um bei diesem Thema erste Erfahrungen zu sammeln, empfehle ich entweder einen klassisch zubereiteten Fisch mit Zitrone oder eine Hähnchenbrust, die man zuvor in einer einfachen Marinade aus Olivenöl, Thymian sowie Zitronensaft und -zesten eingelegt hat.
Meine Weinfreunde-Empfehlung:
Private Bin Sauvignon Blanc 2016, trocken
Auf keinen Fall beides: ein süße Falle
Bei der Süße gilt Vorsicht, denn zuviel des Guten ist nicht mehr gut. Denken wir an das Dessert. Wenn zu einer süßen Mousse noch ein restsüßer Wein hinzukommt, addieren sich beide Eindrücke zu klebriger Süße. Derselbe Wein zu einem Apfel- oder Birnen-Kompott gereicht, wird dagegen gerade wegen des Kontrastes zu gefallen wissen.
Um so mehr gilt es an dieser Stelle noch einmal an Schaumweine zu erinnern, die auch als Begleiter von Süßem bestens geeignet sind. Denn die Kohlensäure erfrischt und der Gaumen wird förmlich gereinigt. Mir kommt da sofort ein rosafarbener Spumante aus unserem Sortiment in den Sinn: Der hat eine moderate Restsüße und begleitet frisch-fruchtige Desserts ganz wunderbar.
Meine Weinfreunde-Empfehlung:
Himmlische Harmonie: schwingende Aromen
Hat man sich genügend mit Säure und Süße, Schärfe und Salzigkeit beschäftigt, gilt es noch einen Ratschlag zu beherzigen: Die Geschmacksnerven geraten besonders in Schwingung, wenn Wein und Speise ähnliche Aromen vortragen, wenn zu Wild- oder Pilzgerichten beispielsweise auch ein dichter, konzentrierter Wein mit Wald und Kräutern in der Nase getrunken wird. Dagegen harmoniert wiederum ein Fischgericht oder Meeresfrüchte mit leichten, frischen, eher mineralischen Weinen.
Unschlagbar in dieser Kategorie ist für mich die Vermählung eines klassisch zubereiteten Wildgerichts mit einem guten Spätburgunder. Das Zusammenspiel zwischen einem Rehbraten oder einem Hirschgulasch mit dem Aromaprofil dieser Rebsorte ist einfach unübertroffen.
Meine Weinfreunde-Empfehlung:
Pärchenbildung war das Stichwort und beim Pairing von Essen und Wein geht es tatsächlich zu wie in einer guten Beziehung. Mal braucht es den Kontrast, mal den Gleichklang für die perfekte Harmonie.