Nährwerte und Zutaten: neue Pflichtangaben für Weinetiketten

Am 5. Dezember 2023 · von Sven Reinbold

Lange erhitzte es die Gemüter, dass man künftig beim Weingenuss auch Kalorien zählen kann, da die Nährwerte bald auf Wein angegeben müssen. Nun ist es so weit: Ab dem 8. Dezember 2023 wird die Kennzeichnung von Wein mit detaillierten Angaben zu Nährwerten, Zusatzstoffen und Allergenen gesetzlich vorgeschrieben. Von den Regeln sind sämtliche Weinerzeugnisse betroffen, die im EU-Raum hergestellt werden.

Das Lebensmittel Wein wird jetzt wie eine Verpackung mit Frühstücks-Zerealien behandelt, meinen manche ketzerisch. Andere erwidern zu Recht: gut so, warum sollte Wein weiterhin eine Ausnahme in Hinblick auf Verbraucheraufklärung bilden? Hier sind die wichtigsten Neuerungen im Überblick.

Wein fällt unter die Bestimmungen von Lebensmitteln

Die EU hat beschlossen, dass sämtliche Weinerzeugnisse – also Wein und Schaumwein, aber auch Obstwein, aromatisierter und alkoholfreier Wein – künftig wie alle anderen Lebensmittel behandelt werden. Das bedeutet, dass sie mit Nährwert- und Zutatenlisten ausgestattet werden müssen. Allergene mussten bereits zuvor und müssen auch in Zukunft deklariert werden.

Weinlagerung

Weine, die nach dem 08.12.2023 hergestellt wurden, müssen mit Nährwert- und Zutatenlisten ausgestattet werden

Ausgenommen sind Weine, die vor dem 8. Dezember 2023 hergestellt wurden. Dabei gab es ein langes Ringen darum, was „hergestellt“ genau meint. Die finale Definition ist nun ein Mindestalkoholgehalt, über den ein Wein verfügen muss, um als hergestellt zu gelten, bei Qualitätswein sind dies 7,5 % Alkohol. Das bedeutet gleichzeitig, dass Weine, die derzeit beispielsweise noch im Eichenfass lagern und erst in einigen Jahren auf den Markt kommen, weiterhin nicht gekennzeichnet werden müssen.

Weinkennzeichnung: QR-Code als frohe Kunde

Die große Furcht, dass Weinetiketten bald so vollgepackt sind, wie der Schlussakt eines Shakespeare-Dramas, lässt sich als unbegründet bezeichnen – zumindest teilweise. Weingüter haben nämlich bei der Angabe von Nährwerten und Zutatenliste die Wahl: Entweder werden die erforderlichen Informationen auf dem Etikett ausgewiesen – Platzmangel vorprogrammiert – oder ein QR-Code (e-Label) führt auf eine Webseite mit den entsprechenden Angaben. Ausgenommen sind allerdings die Angaben von Kilokalorien und Kilojoule sowie die allergenen Stoffe. Sie müssen auf jeden Fall auf dem Etikett sichtbar sein. Von Schwefel kennt man das ja bereits durch die Angabe „enthält Sulfite“.

Nährwerte im Wein: Welche Angaben und wie werden sie dargestellt?

Die Darstellung der Nährwertangaben auf dem Etikett hält keine Überraschungen bereit: Sie erfolgt in der bekannten Tabellenform und bezieht sich auf 100 Milliliter Wein. Die Nährwerttabelle enthält Informationen über den Brennwert, das Fett, über gesättigte Fettsäuren, Kohlenhydrate, Zucker, Eiweiß und Salz.

Fett, gesättigte Fettsäuren, Eiweiß und Salz sind dabei praktisch nie in größeren Mengen in einem Wein enthalten. Daher kann man alternativ unter die Tabelle einen textlichen Hinweis drucken, der die platzraubende Tabellenform verkleinert. „Enthält geringfügige Mengen von Fett, gesättigten Fettsäuren, Eiweiß und Salz“, lautet der Satz dann. Wenn der Wein weniger als 5 Gramm Zucker pro Liter enthält, kann auch dieser aus der Tabelle in den kurzen Satz überführt werden. Ohnehin ja eine wertvolle Information für Weinfreunde, die ihren Wein am liebsten knochentrocken lieben.

Zucker

Auch die Zuckerangabe muss demnächst genau gekennzeichnet werden, wenn ein Wein mehr als 5 Gramm Zucker enthält

Weinkennzeichnung: Zutaten müssen auch genannt werden

Ein QR-Code für weiterführende Angaben ist künftig auf Weinflaschen besonders angeraten, da zusätzlich zu den Nährwerten auch alle Zutaten aufgeführt werden müssen, die zur Herstellung des Weins benötigt werden und im fertigen Produkt verbleiben.

Wichtig zu wissen: Wenn es sich bei den Zutaten ausschließlich um Weintrauben handelt, kann die Zutatenliste komplett entfallen. Die Realität sieht in den meisten Fällen aber anders aus. Saccharose zum Süßen, Citronensäure zum Säuern, Gummi Arabicum, um für eine weicheres Mundgefühl zu sorgen und Ascorbinsäure als Antioxidans – all dies sind Zusatzstoffe, die nicht selten bei der Weinherstellung von Winzerinnen und Winzern eingesetzt werden.

Weinkennzeichnung: Verarbeitungshilfsstoffe werden nicht deklariert

Interessant bei der Neuregelung ist, dass die sogenannten Verarbeitungshilfsstoffe nicht ausgewiesen werden müssen, obwohl sie Teil der Weinherstellung sind. Allerdings mit dem entscheidenden Unterschied: Sie sind im fertigen Wein nicht mehr enthalten. Das sind in allererster Linie Stoffe zur Entsäuerung von Wein, unter anderem Calciumcarbonat. Es gehören aber auch Dinge wie Klärhilfsstoffe, inaktivierte Hefen, Enzyme und Aktivatoren für die Gärung dazu.

Weinkennzeichnung: Fluch oder Segen?

Wird die Vorfreude auf eine Weinprobe jetzt getrübt, weil wir uns Gedanken über die enthaltenen Kalorien oder Nährwerte machen? Oder schafft diese Transparenz nur einen bewussteren Umgang mit Wein?

Dies wird sich bestimmt erst nach einiger Zeit beantworten lassen, doch wäre es begrüßenswert gewesen, auch Verarbeitungshilfsstoffe auszuweisen, um Verbrauchern ein vollständiges Bild zu bieten. In diesem Fall bleibt Weinfreunden nur noch der Griff nach einem Wein, der außer Trauben keine anderen Zutaten enthält.

Beispiele von Weinetiketten mit korrekter Kennzeichnung

Um das Thema einmal zu veranschaulichen, gibt es hier ein paar Beispiele, wie die Weinetiketten inklusive der Angabe der Nährwerte und der Zutaten in Zukunft aussehen können. Quelle: Institut für Weinbau und Oenologie, Neustadt a.d. Wstr. (eigene Darstellung).

Beispiel Deutscher Bio Weißwein

Beispiel Rückenetikett eines Weißweins (in Bio-Qualität).

Beispiel Nährwerte Rückenetikett eines Weißweins (in Bio-Qualität)

Beispiel Angabe der Nährwerte und Zutatet mittels QR-Code

Beispiel Rückenetikett eines Weißweins mit QR-Code anstelle der Zutatenliste.

Beispiel Rückenetikett eines Weißweins mit QR-Code anstelle der Zutatenliste.

Beispiel eines Weißweins nur aus Trauben

Beispiel Rückenetikett eines Weißweins, der außer Trauben keine weiteren Zutaten enthält.

Beispiel Rückenetikett eines Weißweins, der außer Trauben keine weiteren Zutaten enthält

 Mehr zum Thema gibt es im Podcast von Weinfreunde.de Bei Anruf Wein

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