Schaumweine: Champagner, Sekt & Co.

Am 2. Juni 2024 · von Jürgen Overheid

Schaumwein ist eine Weinwelt für sich. Es sind nicht die Rebsorten, nicht die Regionen, die ihn vom Stillwein unterscheiden: Es ist das Geheimnis der zweiten Gärung – am besten in der Flasche. Das Grundsätzliche zum moussierenden, perlenden und schäumenden Wein.

Eine Erfindung im eigentlichen Sinne ist die Herstellung von Schaumwein nicht. Wohl eher ist es der Zufall, der den Menschen den perlenden, schäumenden Wein beschert. Obgleich die oft erzählte Geschichte von Dom Pérignon sicherlich nicht ganz der historischen Wahrheit entspricht, erklärt sie dennoch anschaulich die Geburtsstunde des Schaumweins. Klar benennt die Anekdote, was den Schaumwein vom Stillwein unterscheidet: Eine zweite Gärung, bei der das entstehende Kohlendioxid nicht entweicht, sondern festgehalten wird.

Der Mönch Dom Pérignon: was ist Schaumwein?

Der Mönch aus der Champagne füllt der Erzählung nach einen nicht komplett durch vergorenen Wein ab, bei dem die Fermentation aufgrund der niedrigen Temperatur zum Erliegen gekommen ist. Als im Frühling die Temperaturen steigen, erwacht die Hefe und beginnt erneut, Zucker in Alkohol umzuwandeln – und in Kohlendioxid. Da die Flaschen bereits verkorkt sind, kann das Gas nicht entweichen und sammelt sich in der Flasche. Als die ersten Flaschen dem Druck nicht mehr standhalten und zerbersten, geht Dom Pérignon der Sache auf den Grund, öffnet eine Flasche und trinkt den ersten Champagner der Weingeschichte.

Bereits in dieser Geschichte geht es um eine zweite Gärung auf der Flasche, um aus Wein Schaumwein zu machen. Dieses Verfahren gibt es bis heute und nennt sich Méthode Traditionelle oder auch Méthode Champenoise. Die traditionelle Flaschengärung ist das Qualitätsrezept der Schaumweinerzeugung und gilt bis heute als das „one and only“ Verfahren für Schaumweine von herausragender Güte – von Champagner bis Sekt und von Crémant bis Cava.

Traditionelle Flaschengärung: das beste Herstellungsverfahren?

Die Méthode Traditionelle ist ursprünglich ein Herstellungsverfahren, das komplett auf Handarbeit setzt. Zunächst wird der Grundwein ganz normal wie ein Stillwein vergoren und in Flaschen abgefüllt. Anschließend erhält der Weine die Tirage, eine Mischung aus Zuckerlösung und Hefe, um die zweite Gärung anzustoßen. Wie beschrieben entstehen dabei Alkohol und Kohlendioxid, bis die Hefe abstirbt und die Fermentation beendet. Die Hefe trudelt im Schaumwein nach unten, muss aber später entnommen werden. Deshalb kommt die Flasche kopfüber und in Schräglage für die Remuage ins Rüttelpult. Die Hefe sammelt sich dadurch im Flaschenhals, was durch das Drehen, alias Rütteln, der Flasche und eine steilere Ausrichtung verstärkt wird.

Beim Degorgieren wird dieser Hefe-Pfropf entfernt. Dazu wird der Flaschenhals eingefroren und anschließend die bislang mit einem Kronkorken verschlossene Flasche geöffnet. Die Kohlesäure schießt den Hefe-Pfropf aus der Flasche. Nun fehlt nur noch die Dosage, die maßgeblich den Restzuckergehalt des Schaumweins bestimmt und mit der die Flasche wieder aufgefüllt wird. Die Dosage besteht aus dem Grundwein und mehr oder weniger oder gar keiner Zuckerlösung.

Schaumweine Champagner-Korken

Diese Méthode Traditionelle aus der Champagne zählt seit 2015 sogar zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Schaumweinherstellung: Méthode Charmat, Transversage und Karbonisierung

Die aufwändige Méthode Traditionelle drückt auf die Kosten, selbst wenn einzelne Schritte wie das Rütteln bereits maschinell erfolgen. Aus Überlegungen, die Herstellung günstiger zu gestalten, entstehen die heute praktizierten, alternativen Herstellungsverfahren von Schaumwein. Als Erstes ist die Méthode Charmat zu nennen, bei der die zweite Gärung nicht in Flaschen, sondern großen Edelstahltanks stattfindet. Einen Mittelweg beschreibt die Transversage, auch Transvasierverfahren genannt. Die zweite Gärung findet auf der Flasche statt, doch anschließend landet der Inhalt in einem Tank, um die Hefe mittels Filter einfacher entfernen zu können.

Schaumwein ist nicht mit Perlwein zu verwechseln. Eine Frage des Drucks auf der Flasche und der Herstellung. Für einen Perlwein wie einen Frizzante wird ein Stillwein einfach nur mit Kohlendioxid versetzt, um die Perlen in den Wein zu zaubern. Eine zweite Gärung des Grundweins findet nicht statt. Mit allen Folgen für die Vielschichtigkeit des Geschmacks und die Feinheit der Perlage, dem Schäumen des Weins. Dieses Verfahren wird Karbonisierung genannt.

Schaumwein international: Crémant, Sekt, Prosecco und Cava

Selbst im eigenen Land ist der Champagner nicht unangefochten. Nicht nur, dass der Crémant de Limoux ihm historisch den Rang streitig macht, insbesondere der Crémant von der Loire hält in Hinblick auf Qualität hartnäckig dagegen. Ohne an dieser Stelle die Crémant de Bourgogne oder die Schaumweine aus dem Elsass oder dem Bordeaux zu vergessen. Dennoch für Champagner gilt auch innerhalb Frankreichs: Es kann nur einen geben.

Champagne Schaumweine

Nur Schaumwein aus der Champagne dürfen sich auch „Champagner“ nennen.

Wie der Cava aus Spanien und der Sekt aus Deutschland zeigen, führt die Méthode Traditionelle auch außerhalb Frankreichs zu exzellenten Schaumweinen. Erst jüngst hat der Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) mit der Überarbeitung seines Sekt-Statuts ein Qualitätsbekenntnis zum deutschen Winzersekt abgelegt. Auch im Weinland Italien treibt der Schaumwein seine Qualitätsblüten. Am bekanntesten sind sicherlich der von der Rebsorte Glera geprägte Prosecco Spumante (Schaumwein) und Prosecco Frizzante (Perlwein) aus Venetien. Großartige Schaumweine kommen aber auch aus dem norditalienischen Franciacorta.

Restzucker: wie die Geschmacksrichtungen von Schaumwein heißen

In der Champagne gilt für den Schaumwein das Gebot der Assemblage: mehrere Rebsorten finden zusammen. Beim Prosecco gibt die Sorte Glera den Ton an und ein deutscher Riesling-Sekt setzt gleichfalls auf ein Pferd. Die Rebsorte für den Grundwein macht den einen Unterschied beim Schaumwein, die Herstellungsmethode samt Reifezeiten auf der Hefe und auf der Flasche sicherlich den Zweiten.

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Doch letztlich lassen sich alle Schaumweine aufgrund ihrer Restsüße einer bestimmten Kategorie zuordnen, die sich auch auf dem Flaschenetikett wiederfindet.

Brut Nature, Zero Dosage oder naturherb

Restzucker pro Liter: 0 bis 3 Gramm

Bei diesem Schaumwein enthält die Dosage, mit der die Flasche aufgefüllt wird, keine Zuckerlösung, sondern nur den Grundwein. Obgleich der Schaumwein nicht zuckerfrei ist, die trockenste Variante, die ihre Süße nur aus dem Wein selbst bezieht.

Extra Brut oder extraherb

Restzucker pro Liter: 0 bis 6 Gramm

Auch beim Extra Brut verzichtet man oft auf eine Zugabe einer süßen Dosage. Jedoch weist der natürliche Restzucker einen Wert auf, der bereits oberhalb eines Brut Nature liegt.

Brut oder herb

Restzucker pro Liter: 0 bis 12 Gramm

Brut bedeutet zwar wörtlich trocken oder herb, aber beim Schaumwein sind dennoch 12 Gramm Restzucker zugelassen, um den Begriff auf dem Etikett ausweisen zu dürfen. Der Brut ist übrigens die meistverkaufte Schaumwein-Geschmacksstufe.

Extra Dry oder extratrocken

Restzucker pro Liter: 12 bis 17 Gramm

Die Süße ist nun deutlich zu spüren, sorgt aber für mehr Gefälligkeit beim Trinkfluss. Ein Großteil der italienischen Prosecchi fällt in die Geschmacksrichtung extratrocken.

Dry oder trocken

Restzucker pro Liter: 17 bis 32 Gramm

Den Begriff „trocken“ für bis zu 32 Gramm Restzucker in Anspruch zu nehmen, ist dem Stillwein-Genießer unerfindlich. Die Süßeprägung steht bei diesen Schaumweinen klar im Vordergrund.

Medium-Dry, Demi-Sec oder halbtrocken

Restzucker pro Liter: 32 bis 50 Gramm

Schaumweine dieser Geschmacksrichtung gelten als wunderbare Begleiter zu Desserts. Der Süßeindruck harmoniert in diesem Pairing perfekt.

Doux oder süß

Restzucker pro Liter: über 50 Gramm

Diese Art Schaumwein begleitet keinen Nachtisch, dieser Schaumwein ist das Dessert.

 

 

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Angeberwissen Schaumwein: warum ein Pet Nat prickelt

Absolut angesagt, aber kein Schaumwein im klassischen Sinne. Beim Pétillant Naturel, kurz & cool Pet Nat, gibt es nämlich keine zweite Gärung. Vielmehr kommt der Most, in dem die Fermentation noch läuft, auf die Flasche. Die Gärung läuft weiter und sorgt für die Perlage im Wein. Die dazugehörige Herstellungsart nennt sich Méthode Ancestrale und dürfte lange vor dem ehrwürdigen Dom Pérignon aus der Champagne die Menschheit prickelnd beglückt haben.

Mehr zu dem Thema beim Weinfreunde Podcast „Bei Anruf Wein“

 

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