Orange Wine: eine Weinfarbe mehr

Am 19. Januar 2024 · von Jürgen Overheid

Als Orange Wine bezeichnet man einen Wein, der aus weißen Rebsorten, aber ähnlich wie ein Rotwein hergestellt wird. Dabei sorgt der lange Kontakt der Schalen mit dem Most für die namensgebende, orangene Farbe. Mit der Zitrusfrucht Orange hat ein Orange Wine also nichts zu tun. Unser Kollege Jürgen Overheid weiß noch mehr zu berichten.

Es gibt so ein paar Begriffe in der Weinwelt, die seit einigen Jahren als besonders angesagt gelten. Naturwein respektive Vin Naturel ist solch ein Beispiel, der mit diesen naturbelassenen Weinen verwandte Schaumwein Pet Nat ein anderes. Ohne Zweifel zählt auch Orange Wine – eingedeutscht Orange Wein – zu diesen Buzz Words. Dabei ist dieser keine neue Erfindung alternativer Winzerinnen und Önologen, sondern eine Art der Weinerzeugung, die seit mehreren tausend Jahren praktiziert wird. Gleich ob Trend oder Tradition, wichtig ist, was Orange Wein von seinen andersfarbigen Verwandten unterscheidet.

Wie wird Orange Wine erzeugt?

Das Magazin hat sich schon gesondert mit der Herstellung von Weißwein, Rosé und Rotwein beschäftigt. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den Weinfarben resultiert aus der Zeit, die der Most (Traubensaft) gemeinsam mit den Schalen, Kernen und mitunter sogar Weinstielen verbringt. Der Fachbegriff dafür lautet Maischestandzeit oder auch Mazeration. Deren Dauer entscheidet nämlich darüber, wieviel Farbstoffe der Wein in Entstehung mitbekommt. In dieses Spiel der Variationen reiht sich der Orange Wine nahtlos ein. Kurz gesprochen sind es weiße Rebsorten, die entgegen dem „normalen“ Weißwein-Vorgehen, eine lange Maischestandzeit aufweisen oder sogar komplett mit allen Bestandteilen die alkoholische Gärung und Reife durchlaufen.

Woher kommt die Farbe?

Orange Wine

Orange Wine ist ein Sammelbegriff und dabei handelt es sich nicht ausschließlich um Weine, die orange sein müssen

Bei Orange Wine handelt es sich – rein farblich betrachtet – natürlich um einen Sammelbegriff. Der Wein muss nicht ausdrücklich orangefarben sein, da tut sich eine ganze Farbpalette auf. Aber das ist bei einem Weißwein, Rosé oder Rotwein nicht anders. So erinnert ein Orange Wine aus der Rebsorte Grauburgunder farblich eher an einen Rosé. Die Rebsorte trägt nicht umsonst das Grau im Namen, denn die Schale ist rötlich-grau. Bei einem Orange Wine aus Riesling geht es tatsächlich in Richtung helles Orange.

Noch eine Farbalternative für diese Weine ist übrigens bernsteinfarben. Amber Wine nennen sich die traditionellen Weine aus Georgien, die in Tonamphoren, die in die Erde eingelassen sind, ausgebaut werden. Doch selbstverständlich gibt es auch unter den Amber Wines wieder verschiedene Farbtöne. Deshalb noch einmal: Orange Wine ist ein Sammelbegriff. Wie bei jeder Weinfarbe ist die Kombination aus Rebsorte und Maischestandzeit entscheidend.

Infobox: Die Weinfarben-Formel

Weißwein = weiße Rebsorte = keine/kurze Maischestandzeit

Weißwein („Blanc de Noirs“) = rote Rebsorte = keine Maischestandzeit

Orange Wine = weiße Rebsorte = lange Maischestandzeit

Rosé = rote Rebsorte = keine/kurze Maischestandzeit

Rotwein = rote Rebsorte = mittlere/lange Maischestandzeit

Wie schmeckt Orange Wine?

Die längere Maischestandzeit sorgt nicht nur für ein Plus an Farbstoffen. Auch die Fruchtaromen präsentieren sich anders, etwas gereifter und dichter. Zudem spielen die Gerbstoffe, sprich Tannine, eine größere Rolle. Orange Wine weist daher mehr Struktur auf als ein Weißwein. Das macht ihn zu einem hervorragenden Essensbegleiter, der sich nicht nur auf das leichte Metier der Speisen verlegt. Für Fisch schon fast zu viel spielt ein Orange Wine bei hellem Fleisch oder gegrilltem Gemüse all seine Talente aus. Auch als Aperitif in den trockenen Ausführungen nur zu empfehlen.

Frau trinkt Orange Wine

Orange Wine kann auch ideal als Aperitif, zu hellem Fleisch oder gegrilltem Gemüse genossen werden

Woher kommt Orange Wine?

Offen gesprochen, ist der Orange Wine einer einzelnen Weinregion gar nicht zuzuordnen. Als wiederentdeckte Herstellungsmethode lässt er sich fast überall verorten. In den deutschen Anbaugebieten ist er von Pfalz, Rheinhessen bis Baden zu finden. Auch international macht er Karriere. Aus dem Friaul im Weinland Italien oder aus Österreich, aber auch aus Underdog-Nationen wie Slowenien kommt der Weißwein mit dem Plus an Farbe, der aktuell so angesagt ist. Stellt sich die Frage nach dem Ursprung, ist wahrscheinlich als erstes Georgien zu nennen. Seit rund 8.000 Jahren macht man dort schon Wein und damit wohl auch Amber Wine oder Orange Wine.

Orange is the new …?

Vom Rummel rund um den Orange Wine sollte man sich nicht irritieren lassen. Am Probieren eines solchen Weins kommen Weininteressierte allerdings nicht vorbei. Sie wissen, dass es sich um eine eigene Weinfarbe mit einem eigenen Aromenspektrum handelt, und der Orange Wine den Horizont tatsächlich erweitert.

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