Aperitif – viel mehr als nur ein Getränk

Am 9. November 2022 · von Jürgen Overheid

Darf es vor dem Essen ein Aperitif sein? Diese Frage beantwortet Jürgen mit einem klaren „Ja!“ und lässt uns begeistert an seinen Aperitif-Einsichten teilhaben. Eine Einführung und Anregung für alle Fans des Aperitifs.

Es lässt sich natürlich auch ganz sachlich umgehen, mit dem Aperitif. Zu berichten wäre, dass es sich um ein zumeist alkoholhaltiges Getränk handelt, dessen Aufgabe darin gesehen wird, den Magen vor einem Essen zu öffnen. Denn vom lateinischen Wort für Öffnen, aperire, leitet sich der so verheißungsvolle Begriff ab, der in seiner französischen Prägung zweifellos international verstanden wird. Der Aperitif eröffnet aber nicht nur ein gutes Essen, sondern auch ganz neue Horizonte, wenn es um den Genuss von Spirituosen und verstärkten Weinen, von Schaum- und Stillweinen geht.

Aperitif solo: eher bitter und herb

Angesagt sind heutzutage meist Mixgetränke, die zwei oder mehrere Zutaten kombinieren, um den Drink zu „aperitifieren“. Denn klar ist, dass zu viel Zucker und übermäßige Frucht in einem magenöffnenden Drink nichts zu suchen haben. Vielmehr gehören bittere oder herbe Töne in einen klassischen Aperitif. Allerdings darf nicht verschwiegen werden, dass ein trockener Sherry wie ein Fino oder ein Manzanilla sowie ein Extra Brut- oder Brut-Nature-Schaumwein diese Anforderungen auch solo erfüllen. Da braucht es keine weiteren Zutaten mehr. Auch ein trockener Wermut oder Portwein – gern auch in Weiß – brillieren als Aperitif-Solokünstler.

Aperitifs mit Sekt oder Prosecco: prickelnder Einstieg

Einschenken Sekt in Gläser

Ob alleine oder in Kombination – Schaumweine sind variabel einsetzbar

Ob Prosecco oder Sekt, Champagner oder Cava – alle Schaumweine in den trockenen Geschmacksstufen eignen sich hervorragend für einen Aperitif. Auch als Zutat, die dem Aperitif mit ihrem Prickeln und der Frische im Mund willkommene Grunddienste leistet. Anschließend geht es noch um Akzente, die dem Drink etwas mehr Frucht einhauchen wie beim berühmten Kir Royal oder dem venezianischen Bellini. Auch der Spritz und der Hugo fallen in diese Kategorie, legen aber mehr Wert auf feine Bitterkeit und florale Noten. Alle, denen etwas weniger Alkohol lieber ist, können bei diesen Aperitifs einen Teil des Schaumweins durch Mineralwasser ersetzen. Überhaupt sollte beim Aperitif der Alkohol nicht im Vordergrund stehen, es geht schließlich um das Anregen für den Magen und die Eröffnung eines schönen Essens.

Aperitifs mit Gin: Cocktail vor dem Dinner

Der Aperitif ist der Bar immer schon nahe gewesen. Dort verabredet man sich traditionell zu einem ersten Drink, um anschließend zusammen zum Essen zu gehen. Sehr gediegen mutet das zunächst an, aber noch heute lässt sich eine solche Aperitif-Kultur in Frankreich, Italien und Spanien beobachten. Und wenn man schon mal in der Bar ist, kann man auch vom Handwerk der Frau oder des Manns hinter dem Tresen profitieren. Ein Cocktail muss her. Davon gibt es gleich eine ganze Reihe, die sich mit mehr oder weniger Alkoholvolumen ihrer Bestimmung als Aperitif hingeben. Einschlägig bekannt sind einige Cocktails mit Gin, der sich mit seiner Frische und dem Aromenspiel von zitrischen und kräuterigen Botanicals bestens eignet. Man denke nur an einen klassischen Dry Martini oder, wer es opulenter mag, an einen Negroni, wo der Gin auf Wermut und Campari trifft. Auch an dieser Stelle ein Tipp zum Entschärfen: Wie wäre es mit einem Negroni sbagliato, einem falschen Negroni, bei dem statt Gin ein trockener Prosecco in den Drink kommt und zusätzliche Frische stiftet.

Alkoholfreie Aperitifs: ganz oder gar nicht

Wem die Kniffe nicht ausreichen, die Menge des Alkohols im Aperitif zu reduzieren, greift einfach auf die alkoholfreien Varianten zurück. Geht es um einen Aperitif mit Schaumwein, wählt man einfach einen alkoholfreien Sekt oder ersetzt den Part komplett durch wunderbar kühles Mineralwasser. Kommen Fruchtliköre zum Einsatz, bediene man sich an der großen Auswahl an Sirupen. Selbst bei den Spirituosen findet man inzwischen alkoholfreie Alternativen, die eng dem Geschmacksprofil ihrer Originale folgen. Auch hier spielt der Gin eine Vorreiterrolle. Allen Fans des Aperitifs ohne Promille soll es recht sein. Aber auch für einen Wermut oder einen Bitter haben sich alkoholfreie Varianten etabliert – da gibt es kaum noch Grenzen für den Aperitif ganz ohne Umdrehung. Kleiner Tipp am Rande: Wer intensiver in das Thema alkoholfreie Aperitifs einsteigen will, muss sich unbedingt mit dem Thema Fruchtessig beschäftigen.

Aperitif-Pairing: Anlass, Leute & Jahreszeit

Traditionell wird der Aperitif als Vorspiel zu einer tollen Mahlzeit verbucht. Macht es dann noch einen Unterschied, welches Essen es anschließend gibt und welche Leute dafür zusammenkommen? Die Antwort ist ein klares „Jein“. Natürlich kann man in die Feinheiten gehen und den Aperitif auf das folgende Essen und die begleitenden Weine abstimmen. Folgt etwa ein eher fruchtbetonter Wein als Speisebegleiter sollte man diesen Aromen im Aperitif eher geizen. Genau andersherum geht es, wenn der Wein über viel Struktur und spürbare Tannine verfügt. Dann kann sich auch der Aperitif ein Schlenker in Richtung Fruchtigkeit erlauben.

Und was die Gäste betrifft, sollte man sich auch keinen zu strengen Regeln unterwerfen. Sherry oder Portwein sind vielen heute gar nicht mehr als Geschmack geläufig. Aber deshalb nur einen Fine Ruby Portwein ausschenken, wenn Oma und Opa zu Besuch kommen? Keineswegs, da stehen Wiederentdeckungen an. Wie zuvor erwähnt, der Aperitif eröffnet neue Horizonte.

roter portwein

Ein echter Klassiker: Der Portwein

Aperitif-Tipps für alle Fälle

Nähert man sich ganz pragmatisch dem Aperitif und will dabei ein wenig Vielfalt in sein Genussleben bringen, muss man gar nicht so viel im Blick haben. Ganz wichtig, der Aperitif für den Sommer. Er hat den Drink in den vergangenen Jahren wieder bekannter gemacht und unterstreicht die Notwendigkeit von Frische und weniger Alkohol im Glas. Dann kann man noch die besonderen feierlichen Anlässe mit etwas mehr Hingabe betrachten: den Aperitif für Weihnachten oder Silvester, zum runden Geburtstag oder den 6er im Lotto. Wer noch höher hinaus will, versucht sich tatsächlich im Pairing von Aperitif, Essen und begleitenden Weinen. Dazu lassen sich pauschal keine Aperitif-Rezepte angeben, aber eine kurze Recherche im Internet hilft da verlässlich weiter. Der Aperitif muss sich in diesem Fall einfach den folgenden Geschmäckern beugen, darf sie keinesfalls überflügeln und liefert bestenfalls einen feinen Kontrast zum Folgenden.

Der Aperitif für den Sommer

Muss es schnell gehen und einfach sein? Darf es mehr Flüssigkeit sein, ohne direkt mehr Alkohol zu kredenzen? Und dieser Frische-Kick, der ist wichtig. Willkommen beim Sommer-Aperitif und dem White Port Tonic, der den Gin Tonic variiert. Eigentlich ein Longdrink, was die Portion betrifft, aber das ist bei hohen Temperaturen gewollt. Geht unkompliziert von der Hand und bereitet man bei größeren Runden vorab in einer Karaffe vor.

White Port Tonic Rezept

white port tonic

White Port Tonic mit Rosmarin und Zitrone

(pro Person)

Der Aperitif mit Stil: Weihnachten und Silvester

Geht es um den besonderen Anlass, kommt nur ein Aperitif mit Sekt oder Champagner, Prosecco oder Crémant infrage. Das ist schon die halbe Miete im Hinblick auf Aperitif und Festlichkeit. Ein Klassiker zeigt, wie es noch feiner geht, ohne großen Aufwand zu erfordern. Der St. Germain ist ein Champagner-Cocktail, der auf florale Aromen setzt und mit grandioser Leichtfüßigkeit Laune und Appetit hebt.

St-Germain

(pro Person)

Aperitif-Gläser: immer wieder gefragt

verschiedene Apertifis in Gläsern

Das richtige Glas finden

Simpel gesprochen, immer das kleinere. Denn ein Aperitif wird gemeinhin in kleinen Mengen verabreicht. Schließlich soll der Magen angeregt und nicht gefüllt werden. Bei der Glasform lässt man sich am besten von der prägenden Zutat des Drinks inspirieren. Die meisten Aperitifs mit Schaumwein gehören in ein Schaumwein-Glas, und nach der Regel verfährt man auch mit Aperitifs aus dem Cocktail- und Longdrink-Bereich. Für Portwein und Sherry greift man bestenfalls zu den passenden Spezialgläsern oder nimmt mit einem hohen Likörglas vorlieb.

Gläser stoßen an mit Aperitif

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