Alicante Bouschet

Am 4. Juni 2025 · von Daniel Münster

Rote Haut, roter Saft, rotes Fruchtfleisch. Diese Dreifach-Kombination ist äußerst ungewöhnlich und entsprechend selten, denn so gut wie jede Rebsorte, ungeachtet ob weißer oder roter Varietät, hat weißes Fruchtfleisch – und damit ist das Wichtigste über Alicante Bouschet schon fast gesagt. „Teinturier“ lautet der Fachbegriff und „Färbertraube“ liefert uns als Übersetzung sogleich die Erklärung. Der Alicante Bouschet ist fast ausschließlich ein sogenannter „Verschnittpartner“, der in Cuvées mit anderen Rebsorten zumeist der Funktion dient, dem Wein eine kraftvolle rote Farbe zu verleihen. Zumindest in dieser Nebenrolle hat die eigentümliche Rebsorte also ihre unbedingte Berechtigung und soll darum auch einmal näher beleuchtet werden.

Herkunft und Entstehung – Die Rezeptur der Bouschet-Familie

Die naheliegende Vermutung, dass sich die Ursprünge der Rebsorte Alicante Bouschet in Spanien finden lassen, bestätigt sich bei genauerem Hinsehen nicht. Vielmehr liegt ihre Heimat in Frankreich, genauer gesagt im L‘Hérault. Die so bezeichnete Gegend, zugleich ein Département, ist Teil der Wein-Großregion Languedoc-Roussillon und erstreckt sich vom Zentralmassiv bis zum Mittelmeer auf einer Küstenlinie von 87 Kilometern Länge. Genau hier finden sich auch die Wurzeln der Winzerfamilie Bouschet, auf die die Namensgebung zurückgeht. Schon Louis Bouschet hatte auf der Domaine de la Calette mit der Kreuzung diverser Rebsorten experimentiert und sich mit seinem Petit Bouschet ein eigenes Denkmal gesetzt. Sohn Henri Bouchet sollte das väterliche Tüftler-Gen erben und schuf 1855 eine Kreuzung von Petit Bouschet mit Grenache. Im Ergebnis entstand daraus der „Alicante Henri Bouschet“, wobei sich der Junior mit „Alicante“ auf ein bereits verbreitetes Synonym für Grenache bzw. Garnacha bezog. In der Folge versuchte sich Henri an zahlreichen Varianten der Kreuzung, die jedoch zum Ende des 19. Jahrhunderts fast alle wieder verschwanden. Übrig blieben der Alicante Henri Bouschet 1855 als Variante 1 und der Alicante Bouchet No. 2 aus dem Jahr 1866. Morphologisch und auch äußerlich nicht unterscheidbar, werden beiden Varianten seitdem parallel kultiviert, zumeist gemischt angepflanzt, und haben sich schlussendlich unter dem Namen „Alicante Bouschet“ (ohne Henri) etabliert.

Die Charaktereigenschaften von Alicante Bouschet

Beim Alicante Bouschet handelt es sich um eine früh reifende Rebsorte, die sich bevorzugt in warmen bis heißen Klimazonen wohlfühlt. In einem trockenen Klima bringt sie mengenmäßig moderate, aber qualitativ gute Erträge hervor, jedoch verträgt sie sich nicht mit Wind und ist zudem anfällig für zahlreiche Erkrankungen. Durch das rote Fruchtfleisch und die stark färbenden Beerenhaut erbringt sie sehr dunkle und farbintensive Rotweine mit wenig Säure und Struktur hervor, man könnte auch sagen, mit wenig Charakter. Die erste Geige spielt der Alicante Bouschet darum fast nie, doch harmoniert er im Orchester ganz exzellent mit zahlreichen anderen Gewächsen, die von ihm profitieren – und mit seiner Hilfe umso prachtvoller (rot) im Glas erstrahlen. Wie gut er sich etwa mit Syrah und Cabernet Sauvignon verträgt, beweist der fruchtig-würzige Les Grands Frères von Les Producteurs Réunis aus der Heimat der Rebsorte im Languedoc-Roussillion. Und beim Atlântico de São Miguel dos Descobridos aus dem Alentejo kooperiert der Alicante Bouschet sehr gekonnt mit autochthonen Rebsorten aus Portugal.

Les Grands Frères 2023
Weinempfehlung
Les Grands Frères 2023
Les Producteurs Réunis
RotweinAlicante Bouschet, Cabernet Sauvignon, SyrahLanguedoc-Roussillon

Zahlreiche Anbaugebiete und zahllose Synonyme

In der südfranzösischen Heimat hat der Alicante Bouschet inzwischen an Bedeutung verloren, von in der Spitze 16.000 Hektar Rebfläche sind kaum noch 3.000 Hektar übrig. Eine wichtigere Rolle spielt er heute in Spanien mit rund 20.000 Hektar, zum größten Teil wird er in Kastilien-La Mancha sowie in Galizien und Valencia angebaut. Man findet die Rebsorte auch in Portugal, in der Toskana und auf Sardinien, in osteuropäischen Weingebieten sowie als Randphänomen in der Neuen Welt. Erstaunliche 67 Synonyme haben sich im Wege der Verbreitung für die Bezeichnung Alicante Bouschet ausgebildet, dem Mysterium stetig neue Nahrung gegeben und allenthalben zur Verwirrung beigetragen. Es würde zu weit führen, hier sämtliche Namen aufzulisten, doch es lohnt sich, einige der gebräuchlichsten festzuhalten. In Spanien kennt man die Rebsorte schlicht als Alicante, aber auch als Garnacha Tintonera. In Portugal ist er als Baga sowie als Sumo Tinto geläufig und in Italien kursiert er wahlweise als Alicante, mit diversen Namenszusätzen, als Colorina di Pasa oder als Uva di Spagna.

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