Laut EU-Gesetzgebung kennzeichnet die Handelsbezeichnung Wein ein alkoholisches Getränk, das aus Beeren einer Weinrebe hergestellt wird und mindestens 8,5% Vol. Alkohol enthält. Was im Bürokratendeutsch nüchtern und langweilig klingt, setzt viele Arbeitsschritte und jede Menge Know-how voraus – insbesondere, wenn der Wein gut werden soll. Im Folgenden hat sich Weinfreund Sven daran versucht, den Weg von der Rebe zum fertigen Wein möglichst anschaulich und einfach zu erklären.
Vorausgeschickt: Ich habe mich mit diesem Text bewusst daran versucht einen möglichst einfachen Überblick zur Weinherstellung zu geben. In einer detailreichen Darstellung könnte das Thema ohne Weiteres ein dickes Buch füllen. Ein gewisses Grundverständnis hoffe ich aber mit diesem Text liefern zu können.
Die Arbeit im Keller – wie oft das anspruchsvolle Handwerk von Önologen oder Kellermeister verharmlosend umschrieben wird – ist nur der letzte Arbeitsschritt, der über die Qualität eines Weines, aber auch über seine Stilistik entscheidet. Mindestens genauso wichtig ist die Arbeit, die zuvor an den Reben, am Boden im Weinberg zu verrichten ist. Sonst kommen gesunde und vollausgereifte Trauben erst gar nicht in den Keller!
Dieses Kapitel der Weinherstellung, lasse ich an dieser Stelle aus, da sich bereits eine vierteilige Serie dem Thema im Rhythmus der Jahreszeiten widmet: Frühjahr, Sommer, Herbst, Winter. Auch den Einfluss des Bodens greift bereits ein Beitrag im Magazin auf. Und was die Rebsorten betrifft, da bieten wir gleich ein ganzes Glossar auf.
Steigen wir also in dem Moment ein, zu dem die roten oder weißen Trauben angeliefert werden und die Qualitätskontrolle überstanden haben. Was ist als Nächstes zu tun, um aus den vielen kleinen Beeren jenes Genussmittel zu zaubern, das uns alle als Weinfreunde verbindet?
Rotweinherstellung: Farbe, Tannine & Struktur
Um Rotwein zu erhalten, werden die Beeren in aller Regel von den Traubenstielen getrennt und dann vorsichtig gequetscht. Dabei tritt der farblose Saft aus den Beeren aus. Die so entstandene Maische, also der Mix aus Fruchtfleisch, Saft und Beerenhäuten, wird in einen Gärungsbehälter geleitet. Die alkoholische Gärung beginnt durch den Einfluss von Hefen und resultiert darin, dass der in den Beeren enthaltene Zucker in Alkohol, Kohlenstoffdioxid und Wärme umgewandelt wird.
Einfache Rotweine verbleiben lediglich zwei bis drei Tage im Gärungsbehälter, erstklassige Rotweine bis zu vier Wochen. Temperaturkontrollierte Edelstahltanks sind die gängigsten Behälter für die Maische.

Die Beeren werden in aller Regel von den Traubenstielen getrennt und dann vorsichtig gequetscht.
Während der Gärung steigen die Beerenhäute und andere feste Bestandteile durch die Kohlensäure als sogenannter Tresterhut immer wieder an die Oberfläche des Gärbehälters. Da nur diese Bestandteile den Farbstoff beinhalten, werden sie je nach Intention des Winzers oder Kellermeisters wieder unter die Maische gedrückt oder gepumpt, um eine höhere Farb- und Gerbstoffausbeute zu erzielen.
Nach der gewünschten Maischestandzeit wird der junge Wein in einer Presse vom Trester, also den Beerenhäuten und andere Feststoffe wie Kernen getrennt. Je nach Vorstellungen des Winzers kommt der Wein nun wieder in Stahltanks oder Holzfässer – beispielsweise in kleine, 225 Liter fassende Eichenholz-Barriques. Der Kontakt zum Holz verleiht den Weinen zusätzliche Struktur, aber auch zusätzliche Gerbstoffe durch die im Holz enthaltenen Tannine. Zudem gibt das Holz auch Aromen an den Wein ab: Wenn Sie Vanille, Leder oder Schokolade in einem Wein wiederfinden, so sind diese Eindrücke ziemlich sicher auf die Zeit im Eichenholz zurück zu vollziehen.
Wann der Wein schließlich „fertig“ ist, entscheidet der Winzer nach eigenem Gusto und füllt ihn schließlich in Flaschen ab. Für viele hochwertige Weine beginnt zu diesem Zeitpunkt natürlich erst die Reise in Richtung Reife. Doch ist der überwiegende Teil der Rotweine, die weltweit produziert werden, zum sofortigen Genuss gemacht und nicht für eine Lagerung, die zwei Jahre übersteigt.
Weißweinherstellung: keine Farbe, weniger Tannine
Der wichtigste Unterschied gegenüber der Herstellung von Weißwein ist die Trennung der Beeren von den Beerenhäuten sowie den Stielen noch vor der alkoholischen Gärung. In den Beerenhäuten und Stielen befinden sich nämlich die im Weißwein selten erwünschten Tannine – zumeist als bitter wahrgenommene Gerbstoffe. Die Maische wird zudem möglichst kühl durch die Presse geschickt, um den Beerensaft sanft herauszulösen, damit nicht zu viele der tanninhaltigen Kerne zerquetscht werden. Die übrigen Schritte – Gärung und Ausbau des Weins sowie das Abfüllen in Flaschen – sind mit der Rotweinherstellung sehr vergleichbar.
Roséweinherstellung: ein wenig Farbe und etwas mehr Frucht
Auch wenn einige Weinfreunde glauben, dass ein Rosé durch die Kombination von fertig hergestelltem Rot- und Weißwein entsteht, ist dieses Verfahren die absolute Ausnahme und darf nur bei der Herstellung von Schaumweinen angewendet werden. Denn: Roséweine werden im Grunde wie Weißweine hergestellt, allerdings aus Rotweintrauben. Die Maische darf also nur ein paar Stunden ruhen und angären, damit lediglich ein kleiner Teil der Farbstoffe aus den Schalen gelöst wird. Das ist der ganze „Trick“ bei der Herstellung von Roséweinen. So ist es mit anderen Worten eine Art blasser Rotwein.

Rosé ist nicht, wie einige glauben, eine Mischung aus Rot- und Weißwein.
Ich hoffe es ist mir gelungen einen möglichst einfachen Einstieg in dieses an sich komplexe Thema zu liefern. Tatsächlich steckt natürlich noch viel, viel mehr dahinter. Nicht umsonst sind die Weinmacher, Kellermeister und Önologen die eigentlichen Zauberer hinter erstklassig gemachten Weinen.