Was ist Eiswein?
Am 8. Januar 2025 · von Stefan BehrDer Begriff Eiswein spielt nicht auf die empfohlene Trinktemperatur an, sondern beschreibt die Herstellung eines Weins aus gefrorenen Trauben. Eisweine besitzen eine extrem hohe Zucker- und Aromakonzentration und gehören damit zu den edelsüßen Weinen. Eisweine zeichnen sich zudem durch ihren niedrigen Alkoholgehalt aus, der meist unter 10 Volumenprozent liegt.
Natalie F. aus Kempen beschäftigte sich in letzter Zeit mit der Vielfalt von Dessertweinen. Bezeichnungen wie Spätlese, Beerenauslese und Trockenbeerenauslese begegneten ihr dabei bereits. Nur mit dem Begriff Eiswein wusste sie wenig anzufangen. So schrieb Natalie unserer Frag die Weinfreunde Redaktion, um sich bei unserem Team Rat einzuholen. Daher im Folgenden ein Crash-Kurs in Hinblick auf Eiswein.
Durch den extrem geringen Ertrag der gefrorenen Beeren und der Tatsache, dass nur selten die klimatischen Voraussetzungen im Winter für die Herstellung von Eiswein existieren, sind Eisweine rare, international gefragte und oft kostspielige Weine. Der Eiswein-Preis spiegelt die aufwendige Herstellung und das hohe Risiko wider.
Eiswein und seine Geschichte
Bereits in der Antike wurde möglicherweise ein Vorläufer des heutigen Eisweins hergestellt. Der römische Dichter Martial (40–102) berichtete von Weinbauern, die „froststarrende“ Trauben im November ernteten. Plinius der Ältere (23–79) schrieb ebenfalls über Rebsorten, die erst nach einem Frost gelesen wurden. Dies deutet darauf hin, dass Eiswein schon damals bewusst produziert wurde. Später geriet diese Technik jedoch in Vergessenheit.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde Eiswein in Frankreich wiederentdeckt, vermutlich zunächst zufällig durch frühe Frosteinbrüche. In Deutschland fand die erste dokumentierte Eisweinerzeugung 1830 in Dromersheim bei Bingen statt. Trauben des Jahrgangs 1829 wurden nach einem extrem kalten Winter geerntet. Es gab sogar ein Denkmal, das an dieses Ereignis erinnert.
Wie wird Eiswein hergestellt?
Edelsüße Weine besitzen eine Gemeinsamkeit: Die Zucker- und Aromakonzentration in den Beeren ist hoch und der Wassergehalt vergleichsweise niedrig. Bei Eisweinen wird diese Gleichung auf die Spitze getrieben: Die vollreifen Trauben werden so lange an den Reben belassen, bis die Außentemperatur mindestens fünf Stunden lang bei –7 Grad Celsius oder darunter liegt. Diese weinrechtlich festgelegte Eiswein-Temperatur sorgt dafür, dass das Wasser in den Beeren gefriert und ein hochkonzentrierter, aromareicher Most gewonnen werden kann. Beim Pressen wird das äußerst zuckerhaltige Konzentrat gewonnen, da dieses einen niedrigeren Gefrierpunkt besitzt.
Die Ernte und das Abpressen der Trauben müssen rasch geschehen, damit die Beeren während des Prozesses nicht wieder auftauen.
Wann können die Trauben geerntet werden?
Vor dem Hintergrund des Klimawandels existieren in Deutschland meist nur noch im Januar (oder Februar) die passenden Voraussetzungen für das Entstehen eines Eisweins. Und das auch nicht jedes Jahr. Spekuliert ein Winzer auf die Produktion und die tiefen Temperaturen kommen nicht zustande, riskiert er das Verfaulen des gesamten Traubenmaterials am Stock. Daher ist die Eiswein-Herstellung mit einem hohen Risiko verbunden.
Wo wird Eiswein angebaut?
In Deutschland hat Eiswein vorrangig in den nördlicheren Anbaugebieten eine lange Tradition – etwa im Rheingau oder in Rheinhessen. Es existieren aber auch andernorts mikroklimatische Voraussetzungen, die die erforderlichen Minusgrade ermöglichen.
In Österreich entstehen ebenfalls zahlreiche Eisweine und seit den 1970er-Jahren haben auch kanadische Winzer in Ontario begonnen „Ice Wine“ herzustellen. Kanadischer Ice Wine ist international gefragt, jedoch dürfen dafür auch Trauben vor dem Pressen künstlich eingefroren werden.
Wie schmeckt Eiswein?
Der Geschmack zeichnet sich durch eine vielschichtige Aromatik aus. Dabei wirkt ein Eiswein im Mund geradezu ölig-viskos.
Neben dem hohen Zuckergehalt besitzen gut gemachte Eisweine auch viel Säure, um die Süße zu kontern und dadurch den Wein nicht klebrig wirken zu lassen. Daher ist etwa Riesling mit seiner ausgeprägten Frische eine ideale Rebsorte für Eiswein. Nicht zuletzt durch das Zusammenspiel von Zucker und Säure besitzen die besten Eisweine ein enormes Alterungspotenzial. Der Eiswein-Geschmack wird durch diese Balance aus Süße und Frische geprägt.
Eisweine besitzen aufgrund des hohen Zuckergehalts einen niedrigen Alkoholgehalt. In der Regel beträgt er maximal 10 Volumenprozent.
Essensbegleitung, Gläser und Trinktemperatur
Eiswein ist ein klassischer Dessertwein, der insbesondere zu fruchtigen Nachspeisen passt. Diese sollte aber nicht süßer sein als der Wein selbst. In vielen Fällen wird Eiswein jedoch ohne Begleitung getrunken, um ihn vollends genießen zu können.
Es empfehlen sich spezielle Dessertweingläser, die ein vergleichsweise geringes Fassungsvermögen, eine bauchige Form und ein sich verjüngenden Kamin besitzen.
Die Trinktemperatur eines hochwertigen Eisweins sollte idealerweise zwischen 10 und 12 Grad Celsius liegen. Eine zu niedrige Eiswein-Trinktemperatur kann die Aromatik unterdrücken, während eine zu hohe Temperatur den Süßeeindruck verstärkt.
Ist Eiswein ein Prädikatswein?
Eisweine besitzen eine Art Sonderstellung im deutschen Prädikatsweinsystem, da er den gleichen Anforderungen entsprechen muss wie die Prädikatsstufe Beerenauslese. Und das, obwohl ein Eiswein eigentlich mehr Parallelen zu einer Trockenbeerenauslese (TBA) aufweist. Für diese werden die Trauben allerdings am Rebstock getrocknet, sozusagen „rosiniert“, um ihnen Wasser zu entziehen. Zudem spielt bei einer TBA die Edelfäule Botrytis Cinerea eine entscheidende Rolle.