Beaujolais: Weinregion mit zwei Gesichtern

Am 24. September 2018 · von Stefan Behr


Bekannt ist die französische Weinregion in der ganzen Welt. Nur worauf der Ruf gründet, ist nicht überall gleich. Unser Weinfreund Stefan Behr tritt an, uns das Beaujolais wieder näher zu bringen.

Manchmal erscheint es so, als verfügte die Weinregion Beaujolais über ein doppeltes Gesicht. So unterschiedlich fallen die Einschätzungen aus, sobald unter Weinfreunden über „das“ und vor allem „den“ Beaujolais gesprochen wird. Ohne indiskret wirken zu wollen, kommt doch der Verdacht auf, dass der unterschiedliche Blick auf die Weine der Region eben auch eine Frage der Generation ist.

Jene Weinfreunde, die bereits auf weinselige Erfahrungen in den 1990er Jahren zurückgreifen können, fällt beim Stichwort als erstes der Beaujolais Primeur oder Beaujolais Nouveau ein. Das ist ein Jungwein, dessen Auslieferung jeweils am dritten Donnerstag im November regelrecht zelebriert wurde. Die Ankunft des Primeurs in den Läden war ein fixer Termin im Weinkalender. Daraus wurde jedoch mehr und mehr ein reines Marketing-Event. Zunächst lief es noch phantastisch mit dem Primeur in Deutschland und anderswo, aber im Absatztaumel nahmen es einige Winzer und Genossenschaften mit der Sorgfalt und Qualität nicht mehr so genau. Doch solche Nachlässigkeit rächt sich gerade beim Beaujolais Nouveau aufgrund des besonderen Gärverfahrens – macération carbonique oder Kohlensäuremaischung genannt – dramatisch. Der Ruf war irgendwann hinüber und der Primeur bekam das Etikett des Anti-Weins schlechthin aufgedrückt.

Jüngeren Weinfreunden ist diese vergangene Weinmode kaum noch bekannt. Sie schätzen die Weine aus dem Beaujolais, allen voran die frischen, eher mineralischen Crus aus den nördlichen Appellationen. Sie lieben die aromatischen Rotweine, die eben nicht soviel „Schulter“ zeigen wie die Kollegen von der Côtes du Rhône oder aus dem Bordelais. Für sie ist Beaujolais eine perfekte Empfehlung, wenn es um leichten, sehr zugänglichen Rotwein geht. Vielleicht lässt sich der Ruf der Appellation am besten so umschreiben: Eine Wiederentdeckung für Weinfreunde frischer, aromatischer Rotweine, die alte Primeur-Vorurteile gewiss aus dem Weg räumen. Aber wenden wir uns den Eckdaten und Charakteristika der Region zu.

Beaujolais

Beaujolais: Zwischen Burgund und Côtes du Rhône

Vereinfacht gesprochen setzt das Beaujolais das schmale Band der burgundischen Appellationen am rechten Ufer der Saône fort – teilweise überlappen sich die beiden Weinbaugebiete sogar – und endet vor den Toren Lyons: Knapp 50 Kilometer Länge und etwa 30 Kilometer an Breite reichen dafür aus. Weinrechtlich zählt das Beaujolais sogar zum Burgund, aber das sollte man im Glas nicht so ernst nehmen. Schon die Römer bauten in der Region Wein an und die Benediktiner-Mönche machten im Mittelalter eine regelrechte Kunst daraus. Der Name selbst leitet sich von dem – dann doch – burgundischen Adelsgeschlecht der Beaujeu ab, die im gleichnamigen Dorf ihre Burg errichteten.

Im Norden dominiert Granit den Boden, was den Weinen spürbar guttut. Der Süden ist eher von Kalkstein geprägt. Mit etwa 22.000 Hektar Gesamtfläche fällt das Beaujolais gegenüber der benachbarten Groß-Appellation Côtes du Rhône mit nahezu 50.000 Hektar eher bescheiden aus. Die Eigenständigkeit zeigt sich vor allem in der charakteristischen Rebsorte des Beaujolais. Spielt im Burgund der Pinot Noir die erste Geige, der Syrah an der nördlichen Rhône, so ist hier die Rebsorte Gamay „the one and only“. Mit nahezu 99 Prozent der Anbaufläche ist sie quasi der Alleinherrscher der Region.

Der Gamay weist – wie sein voller Name verrät – eine Besonderheit auf: Der Gamay Noir à Jus Blanc hat nämlich trotz dunkler Schale ein helles Fruchtfleisch. Das erklärt, warum der Rote aus dem Beaujolais eher leichtfüßig daherkommt, weniger Tannin zeigt und dafür mehr Frische und Aromatik.

Dreistufige Qualitätspyramide: Beaujolais, Villages und Cru

Die Qualität der Weine wird in drei Stufen unterteilt. Die Basis der Pyramide bildet der einfache „Beaujolais“ – ohne jeden Zusatz – der knapp die Hälfte der gesamten Rebfläche einnimmt.  Meist stammt er aus dem Süden der Region, die Rebflächen sind eher am Rand der Appellation angesiedelt. Eine Stufe darüber stehen die als „Beaujolais Villages“ deklarierten Weine, die bereits besondere Lagen umfassen. Etwa 5.000 Hektar entfallen auf diese Qualität, den Rest nehmen die gesondert ausgezeichneten „Cru“ Appellationen ein, die zehn Einzellagen des Beaujolais. Sie bilden den im Norden gelegenen Kern des Anbaugebiets. Um eine erste Vorstellung zu vermitteln, habe ich im Folgenden die Crus kurz aufgeführt, wobei die Reihenfolge von Norden nach Süden wandert:

Juliénas

Beaujolais Julienas

Die ganz im Nordwesten gelegen Cru-Lage Juliénas wird wegen der besonderen Vielfalt seiner Böden gerühmt. Die Weine zählen zu den kräftigeren unter den Beaujolais und bringen Aromen von Erdbeere und roter Johannisbeere in die Nase sowie feine Geschmacksnoten von Gewürzen und Vanille.

Saint Amour

Beaujolais Saint Amour

Aus der nördlichsten Cru-Lage kommen sowohl etwas kräftigere Weine, aber auch leichtere, fruchtigere Weine zählen zu den Kennzeichen der Appellation. Der Unterschied liegt in der Dauer der Maischezeit. Die längere Maische gibt dem Wein nämlich mehr Struktur und mehr des typischen Kirsch-Aromas mit.

Chénas

Beaujolais Chenas

Der Rotwein aus Chénas wird gern als „Blumenstrauß im Samtkorb“ bezeichnet. Und tatsächlich kann man sich mit dieser Beschreibung schnell anfreunden, wenn man die blumigen Aromen in diesem dennoch körperreichen Wein wahrnimmt. Leider sind die Weine nicht so oft zu finden, da die kleine Appellation nur wenig Menge produziert.

Moulin-à-Vent

Beaujolais Moulin a Vent

Gore, so nennt sich der fast rosafarbene Granit, der das besondere Terroir von Moulin-à-Vent ausmacht. Die Weine dieser Cru-Lage zählen zu den Lieblingen der Weinkritik, gelten sie doch als ebenso körperreich wie komplex. Erneut findet man die typischen Kirschnoten, aber auch Veilchen, die sich mit der Zeit verändern und nach einigen Jahren der Reife in Noten von Trüffel und Wild münden.

Fleurie

Beaujolais Fleurie

Auch in der benachbarten Cru-Appellation Fleurie sorgt der rosafarbene Granit für besonders gute Böden. Allgemein gelten die Weine von hier als elegante Tropfen mit blumigen Noten und Anklängen von roten Früchten. Aus den höher gelegenen Weingärten kommen die leichteren, aromatischen Weine. In den tieferen Rebflächen wachsen die kräftigeren und körperreicheren Verwandten.

Chiroubles

Beaujolais Chiroubles

Manchen gilt der Chiroubles als der typischste Beaujolais. Hier gibt es die höchstgelegenen Rebgärten und die niedrigeren Temperaturen, was sich in Eleganz und Finesse dieser Weine widerspiegelt. Für den Beaujolais-Einsteiger also ein klares Muss!

Morgon

Beaujolais Morgon

Die Unterschiede der Weine aus Morgon leiten sich nicht aus der Höhe oder dem Boden ab, hier entscheidet die Ausrichtung der Rebflächen über die besonderen Charaktereigenschaften des Weines. Der Morgon ist ein körperreicher Wein, der die Kirscharomen diesmal ganz reif zeigt, aber auch Noten von Pfirsich und Pflaume hinzufügt.

Régnié

Beaujolais Régnié

Wer den Beaujolais in einer besonders aromatischen Ausprägung probieren will, sollte zu einem Wein aus Régnié greifen. Rote Beeren, aber auch Brombeere und Schlehe zeigen sich darin. Ein weiteres Merkmal der Region ist der stark gewachsene Fokus auf biologische Anbaumethoden, der zunehmend auch den Weinen gut tun wird.

Côte de Brouilly

Beaujolais Côte de Brouilly

Wer das tiefe Granatrot des Weins aus Morgon kennt, wird sich über das helle Purpur im Glas wundern, das einem der Côte de Brouilly beschert. Wunderbar elegante und zarte Weine sind das, die bereits nach kurzer Lagerung im besten Trinkalter sind. Ein Problem der Cru-Lage Côte de Brouilly sind lediglich die erodierenden Böden. Viel Mühe investieren die Winzer und Genossenschaften daher in Bewässerungsgräben und den Schutz des Bodens, beispielsweise mit Mulch.

Brouilly

Brouilly

Eher fruchtbetonte Weine kommen aus der Appellation Brouilly. Es ist die größte der zehn Cru Appellationen und weist daher auch Weine von unterschiedlicher Ausprägung auf. Es sind die unterschiedlichen Böden, die mal kräftigere und mal filigrane Weine hervorbringen. Daher zeigen manche Crus aus Brouilly neben den typischen Fruchtaromen auch stärkere mineralische Noten.

So nun kennen Sie die beiden Gesichter der Weinregion. Welches Beaujolais Ihnen das liebste ist, entscheiden Sie jetzt besser selbst.

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