Von jungen und zu jungen Weinen
Am 13. Mai 2025 · von Daniel MünsterJunger Wein begeistert mit Frische und Trinkfreude – doch nicht jeder Wein ist in seiner Jugend schon trinkreif. Was genau einen jungen Wein ausmacht, wann ein Wein als zu jung gilt und warum Reife manchmal der Schlüssel zum Genuss ist, erklären wir in diesem Artikel. Außerdem erfahrt ihr, wie sich junge Weine geschmacklich zeigen, woran man zu jungen Wein erkennt und was Federweißer oder „neuer Wein“ damit zu tun haben.
Ruth E. aus Hildesheim fragt sich schon lange, was damit gemeint ist, wenn jemand von einem „zu jungen Wein spricht“. So schilderte sie es in ihrer Mail an das Frag-die-Weinfreunde-Team. Wie immer sind wir mit einer Erklärung gerne zur Stelle.
Junger Wein: Frische in Flaschen
Ein junger Wein ist der Inbegriff von Frische und Lebendigkeit. Nicht lange nach der Gärung kommt er auf die Flasche, ohne lange Reifezeit im Keller. Gerade bei Weißweinen und leichten Rotweinen ist das gewollt: Sie begeistern mit aromatischer Frucht, spritziger Säure und unkompliziertem Trinkfluss. Ihr Charme liegt genau in dieser Jugend – und sie sollten möglichst früh getrunken werden, solange sie noch vor Energie sprühen.
Ein junger Wein oder ein zu junger Wein?
Jugendliche Weine können optimal sein, wenn sie auf frühen Genuss ausgelegt sind. Ein zu junger Wein hingegen ist ein Wein, der eigentlich noch Zeit benötigt. Hochwertige, strukturreiche Weine sind in ihrer Jugend oft nicht in Balance: Die Frucht ist verschlossen, die Tannine sind ruppig, die Säure kann am Gaumen als spitz empfunden werden. Statt Harmonie zeigen sie Kanten – und erst mit Reifezeit entwickelt sich daraus ein vielschichtiges, ausdrucksstarkes Gesamterlebnis. Kurzum: Ein Jungwein kann ein Genuss sein, ein zu junger Wein benötigt oft noch Geduld.
Kann man Wein zu früh trinken?
Ja – und manchmal verpasst man dadurch das Beste. Weine mit Reifepotenzial entfalten oft erst nach Jahren Balance und aromatische Komplexität. Wer sie zu früh entkorkt, erlebt unter Umständen nur einen Bruchteil dessen, was möglich ist: Die Primärfrucht dominiert, komplexe Aromen bleiben im Verborgenen und die Struktur wirkt unausgewogen. Manche dieser Weine profitieren von intensiver Belüftung in der Karaffe – aber manchmal hilft auch das nur begrenzt. Geduld ist hier der wahre Schlüssel zu großen Weinmomenten, die ein auf den Punkt gereifter Wein bieten kann.
Wie schmeckt ein zu junger Wein?
Zu junge Weißweine zeigen sich oft spritzig und zitrusfrisch, wirken aber noch eindimensional. Die feinen Nuancen, die später Tiefe und Vielschichtigkeit bringen, fehlen noch. Zu junge Rotweine präsentieren sich häufig kantig, mit pelzigen Tanninen und zurückhaltender Frucht. Statt samtigem Trinkfluss steht dann oft ein trockener Eindruck im Vordergrund. Mit etwas Zeit verwandelt sich diese rohe Struktur in Eleganz – und der Wein zeigt plötzlich sein ganzes Können.
Vom Jungwein zum gereiften Wein
Nach der alkoholischen Gärung entscheidet der Winzer: Soll der Wein direkt abgefüllt oder noch eine Zeit im Fass oder auf der Hefe gelagert werden? Viele Weine – wie der berühmte Beaujolais Nouveau – werden bewusst sehr früh auf die Flasche gebracht. Sie sollen ihre Jugendlichkeit förmlich zelebrieren und sind bewusst nicht auf ein langes Leben ausgelegt. Andere Weine wiederum benötigen eine Reifephase, um ihre Vielschichtigkeit zu entwickeln.
Jungwein, Federweißer, neuer Wein – was steckt dahinter?
Der Begriff Jungwein steht allgemein für einen frisch vinifizierten, noch jungen Wein. Federweißer hingegen ist ein teilweise vergorener Traubenmost – süß, prickelnd, lebendig – und befindet sich noch mitten im Gärprozess. Er wird nur saisonal angeboten und ist ein typisches Herbstvergnügen. Der Ausdruck „neuer Wein“ wiederum wird regional unterschiedlich verwendet: Mal bezeichnet er Federweißer, mal den ersten fertigen Wein des neuen Jahrgangs.

Federweißer ist ein teilweise vergorener Traubenmost.