Korrekte Weinlagerung: Einfacher als gedacht
Am 22. März 2021 · von Sven ReinboldWeinkeller oder Abstellkammer, Klimaschrank oder Kühlschrank? Weinfreund Sven Reinbold erklärt, wie man Wein am besten lagert und beantwortet die wichtigsten Fragen zur idealen Weinlagerung.
Bevor ich auf das Thema eingehe, möchte ich vorausschicken, dass sich die meisten Weine nicht für eine lange Lagerung eignen und bereits in den ersten Jahren ihres Lebens genossen werden sollten. Sofern man einen solchen Wein nicht in der prallen Sonne oder im Tiefkühlfach aufbewahrt, muss man sich über die Lagerung nicht allzu viele Gedanken machen. Aber immer häufiger lese ich auch von „noch viel zu jungen Weinen“ oder höre Aussagen, wie „der braucht noch Zeit“. Manchmal sind dies zwar nur Argumente, um über die bescheidene Weinqualität hinwegzutrösten, doch ist es auch meine Beobachtung, dass wir viele, hochwertige Weine noch vor dem idealen Reifezeitpunkt trinken. Das ist sehr schade, weil wir so den entsprechenden Wein nie von seiner besten Seite kennenlernen. Aber wie stellen wir sicher, dass der Wein eine Reifezeit von fünf oder mehr Jahren unbeschadet und qualitätsfördernd übersteht? Im Folgenden versuche ich die wichtigsten Fragen zur idealen Weinlagerung zu beantworten.
Weinlagerung und Temperatur
Die wichtigste Grundregel direkt zu Beginn: Hitze ist der größte Feind des Weines. Bereits ab 21 Grad Celsius reift ein Wein schneller als es ihm gut tut und bei länger anhaltenden Temperaturen über 25 Grad riskiert man, dass der Wein geschmacklich und aromatisch nachlässt. Der ideale Temperaturbereich für die Weinlagerung liegt zwischen sieben und 18 Grad Celsius, wobei man gemeinhin 12 bis 13 Grad für die perfekte Lagertemperatur hält. Doch wichtiger als das Einhalten der exakten Temperatur ist es, eine gewisse Temperaturkonstanz sicher zu stellen. Will meinen, dass einem Wein die Lagerung in einem Raum, der im Winter beispielsweise nur sechs Grad hat und im Sommer hingegen weit über 20 Grad, nicht besonders gut tut.
Dazu sei allerdings gesagt, dass Weine keine „Sensibelchen“ sind. Für eine gewisse Zeit ist eine nicht ganz ideale Lagerung überhaupt kein Problem. Im Zweifelsfall kann man sowohl Weiß- als auch Rotweine durchaus einige Monate im heimischen Kühlschrank lagern. Vor allem in den Sommermonaten eine gute Alternative zu Temperaturen über 21 Grad. Ein Austrocknen des Korkens ist bei einer so kurze Zeit nicht zu befürchten. Einfrieren kann man zwar sehr viele Lebensmittel, aber Wein sollte man auf keinen Fall in die Tiefkühltruhe sperren. Zum einen kann sich der Wein dann überhaupt nicht mehr entwickeln und zum anderen kann das Zusammenziehen und Ausdehnen der Flüssigkeit den Korken aus der Flasche sprengen. Nicht gut.
Weinlagerung nur in Dunkelheit?
Licht, aber vor allem die UV-Strahlung natürlichen Lichts kann für eine zu schnelle Reifung von Weinen sorgen. Aus diesem Grund begann man schon vor Jahrhunderten Weine in farbige Flaschen abzufüllen. Sie fungieren quasi als Sonnenbrillen. Das Licht konventioneller Glühbirnen schadet dem Wein sicher nicht. Maximal bleicht das ein oder andere Etikett über eine längere Zeit aus. Aber wer lässt schon die ganze Zeit das Licht an?
Wein am besten luftfeucht lagern?
Lange ist man davon ausgegangen, dass Wein nicht unter einer Luftfeuchtigkeit von 70 Prozent zu lagern ist. Trockenere Luft könnte den Korken austrocknen und für das Eindringen von zu viel Luft sorgen. Der Wein oxidiert dann – siehe hierzu auch unseren Beitrag über Weinfehler. Mittlerweile betrachten die meisten Weinfreunde das Thema etwas entspannter und so lässt sich davon ausgehen, dass eine Luftfeuchtigkeit zwischen 50 und 80 Prozent völlig in Ordnung ist. Viel feuchter sollte es nicht sein, da sich sonst an den Korken Schimmel bilden kann und zudem die Etiketten zerstört werden. Falls man tatsächlich mit trockenerer Luft zu kämpfen hat, hilft häufig die altbewährte Schale Wasser im Raum. Und falls es zu luftfeucht wird, kann ein Luftentfeuchter schnelle Abhilfe schaffen.
Weine stehend oder liegend lagern?
Weine, die unter Naturkork verschlossen sind, sollte man unbedingt in der Horizontalen aufbewahren, um das bereits angesprochene Austrocknen des Korkens zu vermeiden. Sofern der Wein aber mit einem alternativen Verschluss, wie zum Beispiel einem Schraubverschluss ausgestattet ist, kann man den Wein auch stehend lagern. Da die meisten lagerfähigen Weine nach wie vor unter Naturkork verschlossen sind, ist eine liegende Lagerung in den meisten Weinkellern der Standard.
Wo lagere ich am besten meinen Wein?
Menschen mit einem komplett in der Erde liegenden Keller haben Glück: Hier finden sich in der Regel optimale Bedingungen für die Lagerung von Wein. Die Temperatur ist schön kühl, aber vor allen auch relativ konstant. Wer verhindern möchte, dass die Korken der Flaschen nicht austrocknen, sollte mit einem Hygrometer die Luftfeuchtigkeit messen – weiter oben habe ich das ja schon erwähnt. Eine zu trockene Luft lässt die Korken über die Jahre brüchig und damit undicht werden. Hohe Luftfeuchtigkeit, wie sie teils in älteren Gebäuden vorkommt, ist zwar für den Wein meist nicht schlimm, doch kann sie zu verschimmelten Etiketten führen. Bei einem teuren Wein gar nicht wünschenswert und so empfiehlt sich hier der Einsatz eines Luftentfeuchters. Aber auch in einem normalen Wohnraum oder einer Abstellkammer lässt sich Wein ohne weiteres viele Jahre aufbewahren. Dabei sollte man sich einfach von Hitzequellen fernhalten. Eine Lagerung in der Küche scheidet daher schon einmal aus und auch in der Nähe einer Heizung sollte kein Wein lagern. Zudem ist natürlich ein fensterloser Raum eine gute Sache, aber zumindest sollte direkte Sonneneinstrahlung vermieden werden.
Lagerung im Wein Klimaschrank: nur für Profis?
Möchte man auf Nummer Sicher gehen, gibt es natürlich immer noch die Möglichkeit einen Weinklimaschrank anzuschaffen. Diese gibt es mittlerweile deutlich unter 1.000 Euro zu kaufen und man kann bei der Wahl eines Gerätes durchaus auf unterschiedliche Temperaturzonen verzichten. Diese sind vor allem bei so genannten Weintemperierschränken interessant, da sie verschiedene Weine auf die jeweils perfekte Serviertemperatur herunterkühlen und dort halten. Mit einer idealen Temperatur bei der Lagerung hat dies nichts zu tun. Daher sind Klimaschränke für Wein nicht nur etwas für ambitionierte Weinsammler mit einer riesigen Kollektion hochedler Tropfen. Da Weinkühlschränke vergleichsweise viel Strom verbrauchen, sollte man versuchen, einen möglichst kühlen Raum für das Aufstellen zu finden. Oder man investiert eben doch etwas mehr Geld und sucht nach besonders modernen Modellen mit einer guten Energieeffizienz. Und da Klimaschränke eine begrenzte Kapazität haben, empfiehlt sich auch eine „gemischte Lagerung“ der Weine. So lagere ich persönlich meine Weine zum größten Teil in Weinregalen, die in einem nicht ganz unter der Erde liegenden Keller stehen. Und die ganz besonderen Schätzchen lagere ich in einem Klimaschrank im gleichen Raum. Das funktioniert in meinem Fall seit fast 20 Jahren bestens. Noch ein kleiner Hinweis zum Schluss: Auf vielen Rückenetiketten und in den meisten Weinbeschreibungen finden sich Angaben zur Lagerfähigkeit der Weine, an denen man sich orientieren kann.
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